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Suizidprävention am Arbeitsplatz

Warum psychische Gesundheit am Arbeitsplatz über Leben entscheiden kann


Der Welttag für Suizidprävention am 10. September bietet die Gelegenheit, das Thema Suizid in den Vordergrund zu rücken – ein Problem, das weltweit jährlich mehr als 700.000 Menschen das Leben kostet. Oft wird übersehen, dass der Arbeitsplatz eine bedeutende Rolle dabei spielt, wie Menschen mit Stress und mentalen Herausforderungen umgehen. In einer immer komplexer werdenden Arbeitswelt ist es entscheidend, dass psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zum festen Bestandteil der Unternehmensführung wird. Denn gerade in der Arbeitswelt wird dieses Thema gerne ausgeklammert. Dabei spielt es eine enorm große Rolle, wenn wir über die generelle Prävention von psychischen Erkrankungen sprechen und entstigmatisieren wollen. Denn Menschen sterben aufgrund von psychischen Problemen und können es oft niemandem erzählen, weil die meisten (eher nicht Betroffene) noch immer darüber lästern anstatt zu helfen.

Burnout-Phasen nach Freudenberger. Eigene Darstellung

Zahlen und Fakten über Suizid und psychische Gesundheit am Arbeitsplatz

  • Im Jahr 2023 starben rund 10.300 Menschen durch Suizid in Deutschland, wobei ein signifikanter Anteil der Betroffenen im erwerbsfähigen Alter ist. (Statistisches Bundesamt, 2024)

  • Bei den 10- bis unter 25-Jährigen war Suizid 2023 die häufigste Todesursache (18% aller Todesfälle in dieser Altersgruppe). (Statistisches Bundesamt, 2024)

  • Schätzungen zufolge werden 100.000 Suizidversuche pro Jahr verübt. (Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention, o. D.)

  • In Deutschland sterben mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten, illegale Drogen und AIDS zusammen. (Welt, 2024)


Neben psychischen Erkrankungen können auch Faktoren wie starker Stress, finanzielle Schwierigkeiten, ernsthafte gesundheitliche Probleme oder familiäre Konflikte zu einer erhöhten Suizidgefahr beitragen.

  • 70 % der Arbeitnehmer erleben moderate bis hohe Stresslevels im Job. (Stressreport Deutschland, 2020)

  • 20 % der Krankmeldungen in Deutschland sind auf psychische Erkrankungen zurückzuführen, wobei Burnout eine Hauptursache ist. (AOK, Fehlzeiten-Report, 2022)


Hinter Suizidgedanken steht oft nicht das Gefühl „Ich will nicht mehr leben“, sondern eher „Ich will SO nicht mehr leben“. Es ist ein Hinweis auf Verzweiflung, große innere seelische Not, Hilflosigkeit.

Suizid und Arbeitswelt: Ein unterschätzter Zusammenhang

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jedes Jahr über 700.000 Menschen durch Suizid – das sind alle 40 Sekunden ein Mensch. Ein beträchtlicher Teil dieser Todesfälle betrifft Personen im erwerbsfähigen Alter. Arbeitsplatzstress, Mobbing oder Burnout können als signifikante Faktoren zur Verschlechterung der psychischen Gesundheit und im schlimmsten Fall zu suizidalen Gedanken beitragen.

Eine Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus 2016 zeigt, dass zunehmender Arbeitsdruck, Unsicherheit am Arbeitsplatz und mangelnde Unterstützung durch Führungskräfte Faktoren sind, die das Suizidrisiko erhöhen. Hinzu kommt die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen, die dazu führt, dass Betroffene selten frühzeitig Hilfe suchen. Das zeigt, wie wichtig eine offene Gesprächskultur und Unterstützung durch Arbeitgeber ist.


Risikofaktoren am Arbeitsplatz

Folgende Faktoren sind wissenschaftlich belegt, dass sie die psychische Gesundheit im Arbeitskontext negativ beeinflussen können und das Suizidrisiko erhöhen:

  • Arbeitsbelastung und Stress: Übermäßiger Druck und ständige Erreichbarkeit sind maßgebliche Faktoren, die zu Burnout und Depressionen führen können.

  • Mangelnde Work-Life-Balance: Wenn private und berufliche Grenzen verschwimmen, kann dies das Gefühl von Erschöpfung und Ausweglosigkeit verstärken.

  • Mobbing und Diskriminierung: Psychischer Druck durch Kollegen oder Vorgesetzte stellt ein enormes Risiko für die seelische Gesundheit dar.

  • Unsichere Arbeitsverhältnisse: Arbeitnehmer, die unter prekären Arbeitsverhältnissen leiden, haben ein signifikant höheres Risiko, an Depressionen und Ängsten zu erkranken.

In einer Studie der AOK (2022) gaben mehr als 50 % der Arbeitnehmer an, dass sie sich durch Stress und Druck am Arbeitsplatz ausgebrannt fühlen. Ebenfalls berichtete das Deutsche Ärzteblatt (2020), dass etwa 30 % der Menschen, die sich in suizidaler Krisensituation befinden, diese mit ihrem Arbeitsumfeld in Verbindung bringen.


Psychische Gesundheit als unternehmerische Verantwortung

Arbeitgeber sind heute mehr denn je gefordert, nicht nur auf die körperliche, sondern auch auf die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu achten. Ein stressfreies und unterstützendes Arbeitsumfeld kann nicht nur das Wohlbefinden der Mitarbeitenden verbessern, sondern auch die Produktivität und Loyalität steigern.


Präventive Maßnahmen am Arbeitsplatz:

  1. Schulung und Sensibilisierung von Führungskräften: Führungskräfte sollten geschult werden, um psychische Belastungen bei Mitarbeitern frühzeitig zu erkennen und sensibel damit umzugehen. Trainings zur Stressbewältigung und Kommunikation sind hier essenziell.

  2. Offene Kommunikationskultur: Mitarbeiter sollten ermutigt werden, über ihre mentale Gesundheit zu sprechen, ohne Angst vor Stigmatisierung haben zu müssen. Regelmäßige Feedback-Gespräche können helfen, das psychische Wohlbefinden zu erfassen.

  3. Förderung von Work-Life-Balance: Flexible Arbeitszeiten und Home-Office-Möglichkeiten sind einfache, aber effektive Wege, um den Stress im Arbeitsalltag zu mindern und Mitarbeitern mehr Freiraum zu geben.

  4. Zugang zu psychologischer Unterstützung: Unternehmen können eine direkte Unterstützung durch betriebliche Sozialarbeiter oder externe psychologische Dienste anbieten. Eine schnelle und anonyme Hilfe kann verhindern, dass sich Krisen zuspitzen.

  5. Analyse der Unternehmenskultur: Wenn Gefährdungen und Schutzfaktoren der Unternehmenskultur ermittelt und sichtbar gemacht werden, können mit geeigneten Maßnahmen Stressfaktoren minimiert werden.


Fazit: Suizidprävention beginnt am Arbeitsplatz

Der Welttag für Suizidprävention erinnert uns daran, dass wir über Suizid sprechen und handeln müssen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Verantwortung wahrnehmen und aktiv die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden fördern sollten. Die Einführung präventiver Maßnahmen und eine offene, unterstützende Unternehmenskultur können nicht nur Leben retten, sondern auch langfristig zur Zufriedenheit und Produktivität aller beitragen.



Reden hilft!

Die Telefonseelsorge in Deutschland ist kostenlos und rund um die Uhr erreichbar unter 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.

Auf unserer Support-Seite findest Du weitere zahlreiche Vorschläge für Unterstützungsmöglichkeiten.


 

Dieser Beitrag wurde von Melanie Faltermeier verfasst.


Er richtet sich an Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen und soll aufzeigen, dass Suizidprävention nicht nur eine gesellschaftliche, sondern auch eine unternehmerische Verantwortung ist.


Falls du oder jemand, den du kennst, unter suizidalen Gedanken leidet, zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Suizidprävention ist eine gemeinschaftliche Aufgabe, und Unterstützung kann Leben retten.

 

Quellen:

AOK Fehlzeiten-Report 2022

Quelle: AOK Fehlzeiten-Report 2022 – Psychische Belastungen im Arbeitskontext.


Deutsches Ärzteblatt

Quelle: Psychische Gesundheit und Suizidprävention am Arbeitsplatz. Deutsches Ärzteblatt (2020).


Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS)

Quelle: Allgemeine Informationen über Suizidalität. Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention.


Statistisches Bundesamt (Destatis)

Quelle: Pressemitteilung Nr. N046: Zahl der Suizide in Deutschland im Jahr 2023 gestiegen. Statistisches Bundesamt (2024).


Stressreport Deutschland 2020. Stressreport Deutschland 2020 – Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).


Work-related stress: A collective challenge

Internationale Arbeitsorganisation (ILO) (2016)


Welt

Quelle: Neue Statistik: Zahl der Suizide ist in Deutschland deutlich gestiegen. Welt (2024).


Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Quelle: Suicide worldwide in 2019. Weltgesundheitsorganisation (2021).

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